Apr
15
2013
Teaser

Ein Kommentar zu Steam Greenlight

Man mag vom Entwickler und Publisher Valve und seinem exzentrischen CEO Gabe Newell halten was man will, aber der Vielfalt im Spiele-Bereich hat dieses Unternehmen einen großen Dienst erwiesen. So kommen nicht nur Klassiker wie Half Life von Valve, das praktisch ein ganzes Genre komplett umstrukturiert hat, sondern vor allem die Online-Plattform Steam. Spötter mögen sagen: Ein System zum Geld-Drucken. Aber auch ein System, um Spielen abseits der großen Publisher eine Plattform zu bieten.

Ohne Steam, und ich denke das lässt sich ohne Übertreibung sagen, dürften einige Indie-Entwickler heutzutage es weit schwerer haben auf dem Markt zu bestehen. Wenn sie überhaupt Fuß fassen würden. Denn Steam funktioniert nicht nur als Abverkaufs-Plattform, sondern auch als großer Marktplatz mit der Möglichkeit sich und sein Spiel zu präsentieren. Natürlich ist auch Steam nicht ohne Kritik und eine davon steht im direkten Zusammenhang mit einer eigentlich sehr guten Idee: Steam Greenlight.

Screenshot Steam Greenlight

Veröffentlichte Spiele auf Steam Greenlight, April 2013 (Screenshot: Valve Corporation)

Hierbei geht es darum, das eigene Spiel einem großen Publikum an Interessierten vorzustellen. Das Publikum entscheidet aufgrund der gegebenen Informationen, ob sie grundsätzlich bereit wären das Spiel zu kaufen. Und genau hier kommt dann auch das große Problem: Spieler entscheiden aus dem Bauch heraus auf Grundlage von Bildern, vielleicht einem Trailer-Video, vielleicht dem dazugehörigen Text.

Das System funktioniert bei einem Spiel, von dem man weiß, was es grundsätzlich bieten soll. Bei einem bereits etablierten Projekt. Bei einem Indie-Spiel kann sich jedoch grundsätzlich Alles und Nichts hinter den gegebenen Informationen verbergen. Es kann sein, dass der Entwickler einfach nicht in der Lage ist das Spiel richtig zu beschreiben. Es kann aber auch sein, dass der Entwickler schlicht und ergreifend Unwahrheiten erzählt oder Features besonders hervorhebt, die im eigentlich Spiel nur eine untergeordnete Rolle spielen aber gerade in Mode sind, um sich durch das System zu mogeln. Die einzigen, die das bei einem nicht veröffentlichten Spiel überprüfen könnten, sind letztlich die Entwickler selbst.

Hinzu kommt eine Medien-Macht, die dafür sorgt, dass einige Titel mehr Aufmerksamkeit erhalten als andere. Im Grunde geht es hierbei um Werbung. Aktuell befinden sich über 1.000 Einsendungen im Greenlight-Programm. Die wenigsten werden sich die Zeit nehmen diese alle durchzuklicken und auf Qualität zu überprüfen. Stattdessen schaut man sich die Ausnahmen an, von denen man schon mal irgendwo gehört hat. Überspitzt könnte man behaupten: Die Reichen werden reicher, die Armen werden ärmer – denn wer bereits eine große Fanbase besitzt hat natürlich eine größere Chance erfolgreich durch das Greenlight-Programm zu kommen als jemand mit einer guten Idee, von dem allerdings noch niemand jemals etwas gehört hat.

Hinzu kommt eine gewisse Beliebigkeit. Der Klick auf einen Like-Button ist schnell erledigt und kostet allenfalls ein wenig Überwindung. Hier greift ein weiteres Problem der bereits genannten Medien-Macht: Erfolgreiche Redakteure oder auch Youtube-Künstler können ihre Fans animieren ein bestimmtes Projekt durchzuboxen, während andere Projekte in den Weiten des Greenlight-Angebots untergehen. Die Mitglieder der Fanbase müssen sich dabei nicht einmal rechtfertigen, der einfache Klick auf den Like-Button genügt völlig.

Aber lässt sich das System überhaupt reformieren? Ich denke schon, es braucht allerdings eine komplette Struktur-Reform und setzt für den Entwickler eines Spiels voraus, dass dieser überhaupt ein Spiel hat, das über das Greenlight-Programm auf Steam veröffentlicht werden soll. Grundvoraussetzung für die Teilnahme am Greenlight-Programm könnte in dem Fall eine Demo-Version sein und Grundlage für das Abstimmen zumindest die Installation dieser Demo über das Steam-System. (Diese Idee stammt nicht von mir, sondern vom bekannten Video-Blogger TotalBiscuit.)

Die Anzahl derjenigen, die sich mit dem Spiel im Detail auseinander gesetzt haben und tatsächlich eine fundierte Meinung über die Qualität eines Produkts abgeben könnten, könnte drastisch steigen. Allerdings ist auch dieses Konzept nicht unfehlbar und grundsätzlich lässt sich auch in diesem Fall das eigene Rating durch Tricksereien beeinflussen. Der Aufwand wäre allerdings höher und letztlich sollte Valve sowieso prüfen, ob eine abgegebene Stimme für ein bestimmtes Spiel auch tatsächlich von einem Spieler kommt oder nur aus einem Account stammt, dessen einzige Daseinsberechtigung das Abgeben einer Stimme für einen Titel im Steam-Greenlight-Programm ist.

Trotz allem ist Steam, gerade auch mit dem Greenlight-Programm, eine interessante Quelle für Vielfalt im Gaming-Bereich geworden. Vergleichbar hiermit ist vielleicht noch die große Datenbank für Indie-Entwicklung ModDB und das daraus hervorgegangene Desura-Programm, das im Grunde ähnlich funktioniert wie Steam. Aber auch dort ist die Marktmacht von Valve’s Angebot zu spüren. Es gibt tatsächlich Titel auf Desura zu kaufen, die einen Steam-Account zur Funktion voraussetzen.

Letztlich entscheidet aber doch der Käufer. Also wir alle. Wie ist eure Meinung zum Thema Steam-Greenlight? Schreibt einen Kommentar hier unterhalb vom Artikel und diskutiert mit anderen Lesern. (Bitte beachten: Alle Beiträge werden per Hand freigeschaltet – ansonsten würde der Kommentar-Bereich innerhalb kurzer Zeit mit Angeboten für blaue Pillen und andere wichtige Artikel zugepflastert sein. Es kann also mitunter etwas dauern, bis Ihr euren Beitrag unten angezeigt bekommt.)

Links und Quellen:

Die Internet-Seite von Valve findet Ihr hier. Wenn Ihr euch für das Greenlight-Programm im allgemeinen interessiert, findet Ihr hier auf der offiziellen Seite weitere Informationen dazu. Einen allgemeinen Artikel über das Thema Publishing von Spielen als Indie-Entwickler, findet Ihr hier.

3 comments

  • Pingback: Steam führt Abo-Modell ein - Trolltest.de

  • Hallo und danke für den durchaus lesenswerten Artikel,

    könnten Sie vielleicht noch etwas mehr auf aktuelle Vertragsbedingugen eingehen? So viel ich gelesen habe, muss man erst mal 90 Euro zahlen um seine eigene Spiele präsentieren zu können. Auch habe ich wo anders gelesen, dass Valve ca. 40% des Verkaufspreises des Spiel, falls es denn soweit kommt, dass es über Steam angeboten wird, einbehält. Wissen Sie lange das eigene Spiel erst noch präsentiert wird, bevor es das “OK” von Steam erhalten könnte? Gibt es sonst noch Fallstricke in den AGB? Darf das Spiel trotzdem parallel dazu auch wo anders präsentiert (z. B. Kickstarter) werden oder muss man mit einem Ausschluss von Steam rechnen?

    Danke,
    Viktor Götz

    • Entschuldige, dass die Antwort so lange gedauert hat. Tatsächlich muss man für eine Anmeldung erst einmal 100$ bezahlen. Valve rechtfertigt das damit, das sie in der Vergangenheit viele Fake-Einsendungen bekommen haben, also nicht Ernst gemeinte Einsendungen. Die 100$ werden dann von Valve an Child’s Play (http://www.childsplaycharity.org/) gespendet – nicht behalten. Zumindest laut eigenen Angaben. Es soll im Grunde als Eintritts-Hürde funktionieren und diejenigen fernhalten, die sich nur einen Spaß machen wollen.

      Wenn man sich dort anmeldet wird man nicht zu Exklusivität zwangs-verpflichtet. Ganz im Gegenteil. Valve will ja vor allem die großen und gewinn-versprechenden Titel haben. Und wenn bereits eine kleine Community besteht, weil man das Spiel bereits bspw. über Desura, Gamersgate, den Humble Store, GoG oder meinetwegen playism verkaufen konnte – dann ist das Valve nur Recht.

      Die tatsächlichen Vertrags-Bedingungen werden von Valve “nicht öffentlich kommuniziert”. Man bekommt sie erst zu sehen, wenn man erfolgreich durch das Greenlight-Programm gegangen ist. Es gibt aber mal mehr mal weniger vertrauenswürdige Quellen die etwas von einem 30%/70% Split (Valve/Entwickler) erzählen. Nach Abzug der Steuern. Aber das kann ich nicht mit Gewissheit sagen.

      Hier sind noch ein paar interessante Quellen zum Thema Steam Greenlight:
      http://www.steampowered.com/steamworks/FAQ.php
      http://steamcommunity.com/workshop/about/?appid=765&section=faq

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